Ab Ende Juni 2022 werden Vorschriften geändert, die sich auf die Folgen der Inanspruchnahme eines Schlichtungs- oder Mediationsverfahrens als vorgerichtliche Streitbeilegungsmaßnahme auswirken. Diese Änderung wird für Unternehmer und für andere in Polen geschäftstätige Rechtssubjekte von Bedeutung sein, die es versuchen möchten, einen Rechtsstreit zunächst gütlich beizulegen, ohne dabei die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderungen wegen Verjährung von Ansprüchen zu verlieren, falls der Vergleich doch nicht zustande kommt.

Die grundlegende Änderung in dieser Hinsicht, die mit der Gesetzesnovelle vom 27.12.2021 betreffend u.a. die Vorschriften des Zivilgesetzbuches und der Zivilprozessordnung eingeführt wurde, d.h. mit dem Gesetz vom 02.12.2021 zur Änderung des Gesetzes – der Zivilprozessordnung und mancher anderer Gesetze, enthält neue Vorschriften zur Hemmung und Unterbrechung der Verjährungsfrist.

Gemäß der o.g. Neuregelung beginnt die Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen gar nicht zu laufen und die begonnene Verjährungsfrist wird gehemmt:

  1. in Bezug auf die mit einer Mediationsvereinbarung umfassten Ansprüche – für die Dauer des Mediationsverfahrens,
  2. in Bezug auf die mit der Aufforderung zum Vergleichsversuch umfassten Ansprüche – für die Dauer des Schlichtungsverfahrens.

Gemäß den derzeit in Polen geltenden Vorschriften (Artikel 123 Absatz 1 und 3 des Zivilgesetzbuches) wird die Verjährungsfrist durch eine jede Handlung vor einem Gericht oder einer anderen zur Prüfung von Rechtssachen oder zur Durchsetzung der jeweiligen Ansprüche berufenen Stelle, oder vor einem Schiedsgericht, die unmittelbar zwecks Geltendmachung, Feststellung oder Befriedigung bzw. Sicherung eines Anspruchs vorgenommen wird, sowie durch Einleitung eines Mediationsverfahrens, unterbrochen. Das bedeutet, dass bis zum Inkrafttreten der o.g. Änderung zum Zeitpunkt der Einreichung eines Antrags auf Schlichtungsverfahren (mit dem lediglich der Abschluss eines Vergleichs bezweckt wird, ohne dass das gesamte Beweisverfahren in einem Prozess eingeleitet werden soll) die Verjährungsfrist unterbrochen wird und nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens erneut läuft. Kommt der Vergleich nicht zustande, hat der Gläubiger somit mehr Zeit, um sich für einen Rechtsstreit vor Gericht zu entscheiden, ohne das Risiko einzugehen, dass seine Forderungen verjähren könnten.

Die analysierte Änderung ist insofern wichtig, als nach ihrem Inkrafttreten am 30. Juni 2022 ein Antrag auf Einleitung eines gerichtlichen Schlichtungsverfahrens und eines Mediationsverfahrens die Verjährungsfrist für Ansprüche nicht unterbrechen, sondern lediglich für die Dauer des Schlichtungs- oder des Mediationsverfahrens hemmen wird. Nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens läuft die Verjährungsfrist also weiter.

In der Praxis bedeutet das, dass beim ausbleibenden Abschluss eines Vergleichs im Schlichtungs- oder Mediationsverfahren dem Gläubiger deutlich weniger Zeit bleibt, um eine Klage zu erheben und das Verjährungsrisiko zu vermeiden. Unternehmer, die derzeitige Möglichkeiten der Unterbrechung der Verjährungsfrist durch die erste Antragstellung auf ein gerichtliches Schlichtungsverfahren noch in Anspruch nehmen und so die Zeit für gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen verlängern möchten, falls kein Vergleich zustande kommt, sollten es daher in Erwägung ziehen, solche Anträge noch vor dem 30. Juni 2022 bei den polnischen Gerichten zu stellen.