Derzeit gehören die Lösungen der Low-Code- oder No-Code-Plattformen zu den dynamischsten Segmenten des IT-Marktes. Der zunehmende Einsatz dieses Modells bereitet jedoch mehrere Herausforderungen bei der Aufsetzung von Verträgen über die Umsetzung oder Wartung von Systemen, was auf diesen besonderen Ansatz zur Softwareentwicklung zurückzuführen ist.

Unter der Software im Low-Code-Modell sind Systeme zu verstehen, die es den Nutzern möglich machen, völlig funktionsfähige Anwendungen mittels der in diesen Systemen verfügbaren Funktionen zu erstellen, so dass auch ein Nutzer ohne jegliche Programmierkenntnisse neue Funktionalitäten (ganz oder teilweise) selbst entwickeln und konfigurieren kann (vor allem dank der geeigneten grafischen Schnittstellen, ohne in den Quellcode eingreifen zu müssen). Der Unterschied zwischen den Low-Code-Plattformen („Low-Code-Entwicklungsplattformen“) und No-Code-Plattformen („No-Code-Entwicklungsplattformen“) ist vage und hängt von dem Umfang der „traditionellen“ Arbeit an dem Quellcode ab. Im Falle von Low-Code-Plattformen konnte dieser Arbeitsaufwand erheblich reduziert werden. Die No-Code-Plattformen zielen hingegen darauf ab, die Arbeit am Quellcode vollständig zu eliminieren. Die Entwicklung dieser Lösungen ist eine Reaktion auf die enorme Marktnachfrage nach der Softwareentwicklung beim gleichzeitigen weltweiten Mangel an den Programmierdiensten. Die Umsetzung von Low-Code-/No-Code-Systemen macht es den Unternehmen also möglich, die Anwendungen zur Unterstützung ihrer Geschäftsprozesse ohne Einbeziehung von Fachprogrammierern an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, was auch zur Kosteneinsparungen bei der Entwicklung von Anwendungssoftware beiträgt.

Das o.g. Entwicklungs- und Vertriebsmodell der Software ist trotz der allgemeinen Anwendung und dynamischen Entwicklung auf dem IT-Markt weder in dem polnischen Recht geregelt, noch wurde es in der Rechtslehre bzw. der Rechtsprechung eingehend behandelt. Zugleich ist der Einsatz von Low-Code-/No-Code-Lösungen mit einer Reihe von Besonderheiten im Vergleich zu dem „traditionellen“ Modell verbunden. Daher sollen bei der Aufsetzung von Verträgen für derartige Lösungen ihre Besonderheiten speziell berücksichtigt werden.

Selbstverständlich ist ein Lizenzvertrag die Grundlage für die Nutzung solcher Plattformen, größere Zweifel ergeben sich jedoch bei den Umsetzungs- oder Wartungsverträgen. Gemäß den polnischen Rechtsvorschriften fällt oft schwer, die Ergebnisse der Umsetzungsmaßnahmen eines Anbieters eindeutig zu bestimmen: handelt es sich dabei um ein konkretes, überprüfbares Ergebnis (und somit ein Werk im Sinne des polnischen Zivilrechts), oder sind das tatsächlich Dienstleistungen, die in der Konfiguration bereits bestehender Softwarefunktionalitäten (oder sogar in der Beratung bei dieser Konfiguration) bestehen? In diesem Zusammenhang ist auch die Feststellung problematisch, ob im Laufe der Umsetzungsmaßnahmen urheberrechtlich geschützte Werke entstehen und wer die Urhebervermögensrechte an diesen Elementen erwerben soll. Es bestehen ferner auch Zweifel hinsichtlich der Regelungen bezüglich der Haftung für Mängel an den implementierten Lösungen – vor allem, inwieweit der Anbieter für die Funktionalität der implementierten Anwendung in dem Fall haften soll, wenn diese Anwendung einen konkreten Geschäftsprozess weitestgehend widerspiegelt und zugleich vom Empfänger frei modifiziert und angepasst werden kann. Darüber hinaus ist die Lage durch die Tatsache noch komplizierter, dass einige Elemente der implementierten Lösungen weiterhin dedizierte Elemente von Computerprogrammen bilden, die auf traditionelle Art und Weise entwickelt wurden.

Unter anderem wegen der vorstehenden Fragen ist es beim Erwerb und bei der Umsetzung der Software im Low-Code-/No-Code-Modell von entscheidender Bedeutung, den Vertrag ordnungsgemäß zu verfassen sowie die Rechte und Pflichten der Parteien entsprechend festzuhalten. Dies ist umso wichtiger, als die analysierten Lösungen in den meisten Fällen zur Bearbeitung grundlegender Geschäftsprozesse in Unternehmen eingesetzt werden, wie z.B. die Buchhaltung oder der Dokumentenfluss – wodurch sich eventuelle Streitigkeiten mit dem Auftragnehmer äußerst negativ auf die Funktion der Organisation auswirken können.