Öffentliche Aufträge unterliegen mehreren wichtigen Beschränkungen der Vertragsfreiheit. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Einzelfallbetrachtung bestimmter Vertragsfragen, die nach den Bestimmungen desZivilgesetzbuches  (ZGB)[1] bekannt sind, aber unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der Vorschriften des Gesetzes über das Vergaberecht [2] ausgelegt werden sollten. Dazu gehören die Abtretung von Forderungen aus der vertraglichen Gegenleistung, die Sicherung dieser Gegenleistung oder die Möglichkeit der Übernahme von Schulden in Form einer Leistungsverpflichtung.

Abtretung von Forderungen

Im Rahmen einer Forderungsabtretung kann es zu einer Änderung der Rechtspersönlichkeit der Partei eines privatrechtlichen Vertrags (auf Seiten des Gläubigers) kommen. Diese Einrichtung ist in Artikel 509 des Zivilgesetzbuchs geregelt. Sie ist besonders wichtig, wenn es darum geht, die Rechtsübertragung des Anspruchs des Auftragnehmers auf eine Gegenleistung aus einem öffentlichen Auftrag zu beurteilen.

Im öffentlichen Auftragsgibt es keine eigenständige Regelung für die Abtretung von Forderungen[3], obwohl diese Institution zweifellos unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Auftrags, einschließlich des Grundsatzes des fairen Wettbewerbs, ausgelegt werden sollte.

Nach Artikel 509 § 1 und 2 des ZGB kann ein Gläubiger ohne Zustimmung des Schuldners eine Forderung auf einen Dritten übertragen (Abtretung), es sei denn, dies stünde im Widerspruch:

  • Gesetz,
  • eine vertragliche Bestimmung oder
  • Merkmale des Engagements.

Mit der Forderung gehen auch alle mit ihr verbundenen Rechte, insbesondere die Forderung auf Verzugszinsen, auf den Käufer über. Darüber hinaus ist die Zustimmung des Schuldners (bei der Abtretung vertraglicher Vergütungen ist dies der öffentliche Auftraggeber als der zur Zahlung der Vergütung Verpflichtete) für die Abtretung von Forderungen grundsätzlich nicht erforderlich.

Unterschiedliche Ansichten

In der Rechtsprechung der  Landesberufungskammer, die noch auf der Grundlage des Vergaberecht -Gesetzes von 2004[4]geprägt wurde, finden sich Ansichten, die die Möglichkeit der Abtretung vertraglicher Forderungen gerade wegen der Vergaberecht -Regelung verneinen. Diesen Standpunkt vertrat der Landesberufungskammer u.a. in seinem Urteil vom 24. August 2018, Aktenzeichen Landesberufungskammer 1568/18.

Dieser Ansicht muss jedoch widersprochen werden. Aus der Begründung des Urteils geht hervor, dass das Gericht vorschnell die Abtretung von Rechten und die Übernahme von Schulden gleich behandelt hat. Das Verbot der Übernahme von Schulden des Auftragnehmers aus dem öffentlichen Auftrag wird grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Die Übernahme einer solchen Schuld könnte nämlich als eine Umgehung von Artikel 17 Absatz 2 der Vergaberecht angesehen werden, wonach der Auftrag an den gemäß den Bestimmungen der Vergaberecht ausgewählten Auftragnehmer vergeben wird.

Darüber hinaus ist bei Großprojekten (einschließlich IT-Projekten) die Abtretung der Vergütung des Auftragnehmers aus dem Vertrag häufig eine Sicherheit für die Forderungen der Banken, die Kredite zur Finanzierung des Projekts vergeben. In der Praxis kann es für den Auftragnehmer einfacher oder schwieriger sein, die für den Auftrag erforderliche Finanzierung zu erhalten, je nachdem, ob er den Auftrag abtreten kann oder nicht.

Zwar erklärt ein Auftragnehmer bei der Einreichung eines Angebots in einem öffentlichen Auftrag in den meisten Fällen, dass er über die Kapazitäten (einschließlich der finanziellen Kapazitäten) zur Durchführung des Projekts verfügt. Der Auftraggeber kann im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Teilnahme am Verfahren erfüllt sind, zusätzlich die wirtschaftliche oder finanzielle Lage des Wirtschaftsteilnehmers überprüfen. Die Realität sieht jedoch so aus, dass die Überprüfung der Voraussetzungen für die Teilnahme am Verfahren häufig kein vollständiges und objektives Bild von den Fähigkeiten des Auftragnehmers vermittelt. Zu berücksichtigen sind auch die Umstände, die sich zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der Auftragnehmer nachweist, dass er die Voraussetzungen für die Teilnahme am Verfahren erfüllt, und dem Zeitpunkt, zu dem er tatsächlich mit der Ausführung der Arbeiten beginnt, ändern können.

Vor diesem Hintergrund sollte der Auftraggeber von Fall zu Fall prüfen, inwieweit es sinnvoll ist, ein Verbot der Abtretung von Forderungen in den Vertragsentwurf aufzunehmen. Diese Klausel stellt für den Auftragnehmer häufig ein Planungsrisiko dar, was zu einem höheren Angebotspreis führt. Außerdem wird der öffentliche Auftraggeber, wenn er ein solches Verbot aufstellt, seinen Standpunkt wahrscheinlich nach einiger Zeit revidieren müssen, um zu beurteilen, inwieweit dies eine akzeptable Änderung des Auftrags darstellt.

Im Zusammenhang mit dem Verbot der Abtretung von Forderungen sollten der Auftraggeber das Verbot in Artikel 9a Absatz 1 des Gesetzes vom 8. März 2013 zur Vermeidung übermäßiger Verzögerungen im Geschäftsverkehr beachten. Danach ist im Geschäftsverkehr, bei dem der Schuldner ein Großunternehmer und der Gläubiger ein Kleinst-, Klein- oder mittelgroßer Unternehmer ist, eine vertragliche Bestimmung, die das Recht des Gläubigers auf Abtretung einer Forderung ausschließt oder einschränkt, unwirksam, wenn die Zahlung nicht innerhalb der vertraglich festgelegten Frist erfolgt, und wenn diese Frist nicht vertraglich festgelegt ist, ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Geldleistung.


[1] Gesetz vom 23. April 1964 Zivilgesetzbuch.

[2] Gesetz vom 11. September 2019. Gesetz über das öffentliche Auftrags.

[3] Artikel 509 des Zivilgesetzbuches ist auf den Vertrag über die Vergabe öffentlicher Aufträge anwendbar, und zwar aufgrund der Verweisung in Artikel 8 Absatz 1 des Gesetzes über das Vergaberecht, wonach die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches auf Verträge über die Vergabe öffentlicher Aufträge anwendbar sind, sofern die Bestimmungen des Gesetzes über das öffentliche Auftrags nichts anderes vorsehen.

[4] Gesetz vom 29. Januar 2004 – Gesetz über das öffentliche Auftrags.