Bietet ein YouTuber oder ein TikToker die VoD-Dienste an? Die Eintragungspflicht in dem vom Vorsitzenden des Landesrates für Rundfunk und Fernsehen geführten Verzeichnis
Neulich hat der Landesrat für Rundfunk und Fernsehen[1] (nachstehend: „KRRiT“) die Mitteilungen veröffentlicht, welche die Anbieter von Video-on-Demand-Diensten (VoD) an ihre Pflicht erinnern, sich in dem einschlägigen Verzeichnis eintragen zu lassen. Unternehmen, die solche Dienste anbieten, wurden am 1. November 2021 kraft des geänderten Gesetzes über Rundfunk und Fernsehen[2] dazu verpflichtet, sich spätestens bis zum 1. Februar 2022 anzumelden. Die Nichteinhaltung dieser Pflicht wird mit einer Verwaltungsstrafe in Höhe des Zwanzigfachen eines durchschnittlichen Monatsgehalts im Unternehmenssektor geahndet. Diese Mitteilungen des KRRiT haben eine rege Diskussion darüber ausgelöst, wann und welche Nutzer der Video-Sharing Platforms (VSP), d.h. Unternehmen, die über solche Plattformen wie z.B. YouTube, TikTok, Vimeo oder Twitch audiovisuelle Inhalte bereitstellen – als VoD-Diensteanbieter im Sinne des o.g. Gesetzes eingestuft werden können. Und folglich, ob sie auch den anderen zahlreichen Pflichten unterliegen, die ihnen durch dieses Gesetz auferlegt werden [einschließlich der Pflichten aus Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/18 des Europäischen Parlaments und des Rates in die polnische Rechtsordnung[3]]?
Ein Unternehmen, das audiovisuelle Inhalte über Video-Sharing Platforms anbietet, ist als ein VoD-Dienstanbieter einzustufen, wenn folgende Bedingungen insgesamt erfüllt sind:
- der Hauptzweck der Bereitstellung audiovisueller Inhalte ist das Anbieten von Inhalten zu Informations-, Unterhaltungs- oder Erziehungszwecken;
- der Urheber stellt die Sendungen (audiovisuelle Inhalte, die ein eigenständiges Ganzes bilden) zu den kommerziellen Zwecken (Erwerbszwecken) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zur Verfügung;
- die Sendungen sind in Form eines Katalogs verfügbar (eine gesonderte Sammlung von Sendungen, beispielsweise kann ein Kanal auf der YouTube-Plattform als ein solcher Katalog betrachtet werden);
- die übertragenen Inhalte sind öffentlich, d.h. die audiovisuellen Inhalte sind für eine unbestimmte Gruppe von Empfängern und zu einem beliebigen Zeitpunkt verfügbar;
- der Urheber trägt redaktionelle Verantwortung für die Sendungen im Katalog (d.h. er entscheidet, welche audiovisuellen Inhalte über die Video-Sharing Platform bereitgestellt werden).
Unter Berücksichtigung der Natur und der Funktionalitäten der standardmäßigen Video-Sharing Platforms[4] muss für die Feststellung, ob der jeweilige Nutzer, der Inhalte über eine solche Plattform veröffentlicht, als Anbieter audiovisueller Mediendienste auf Abruf angesehen werden kann, in erster Linie die Natur der audiovisuellen Inhalte (Erfüllung des Informations-, Unterhaltungs- oder Erziehungszwecks) beurteilt und anschließend geprüft werden, ob die audiovisuellen Inhalte zu kommerziellen Zwecken bereitgestellt werden (d.h. ob der Nutzer-Urheber mit den über die Plattform bereitgestellten Inhalten Geld verdienen wird). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann ein solcher Nutzer, der Inhalte auf einer Video-Sharing Platform veröffentlicht, grundsätzlich als ein VoD-Dienstanbieter eingestuft werden.
Nur wenn die o.g. Voraussetzungen nicht erfüllt sind, und insbesondere wenn die audiovisuellen Inhalte zu nichtkommerziellen Zwecken veröffentlicht werden (z.B. zur Bereitstellung oder zum Austausch von Inhalten innerhalb von Interessengruppen), keine Informations-, Unterhaltungs- oder Erziehungsqualität haben werden (z.B. bei Katalogen ausschließlich mit Werbeinhalten[5]) oder wenn der Nutzer einer Video-Sharing Platform nicht der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegen wird (z.B. weil er in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist[6]), wird ein solcher Nutzer nicht als ein VoD-Dienstanbieter im Sinne der Vorschriften des RTV-Gesetzes betrachtet und er wird folglich keiner Eintragungspflicht in dem vom Präsidenten des Landesrates für Rundfunk und Fernsehen geführten Verzeichnis und ferner auch keinen anderen Pflichten unterliegen, die den VoD-Dienstanbietern kraft dieses Gesetzes auferlegt werden.
[1] Polnisches Staatsorgan, das über die Meinungsfreiheit, das Recht auf Information und über das öffentliche Interesse am Rundfunk und Fernsehen wacht.
[2] Gesetz über Rundfunk und Fernsehen vom 29. Dezember 1992 (GBl. von 2020, Pos. 805 m.w.Ä, nachstehend „RTV-Gesetz“).
[3] Richtlinie (EU) 2018/1808 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten.
[4] Eine Video-Sharing Platform im Sinne des RTV-Gesetzes ist eine auf elektronischem Wege im Rahmen der diesbezüglichen Geschäftstätigkeit erbrachte Dienstleistung, soweit der Hauptzweck oder die grundlegende Funktion dieses Dienstes oder eines abtrennungsfähigen Teiles davon darin besteht, sämtlichen Empfängern die Sendungen, von den Nutzern erstellte Videos bzw. sonstige Inhalte zu Informations-, Unterhaltungs- oder Erziehungszwecken zur Verfügung zu stellen, für die der Dienstanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, jedoch über die Art und Weise deren Zusammensetzung entscheidet, darunter auch automatisch oder mittels Algorithmen, insbesondere durch Anzeige, Kennzeichnung und Sequenzierung.
[5] Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Februar 2018 r., C-132/17, Peugeot Deutschland GmbH.
[6] Details sind dem Artikel 1a des RTV-Gesetzes zu entnehmen.