Obwohl das Gesetz über die Ansprüche an Wiedergutmachung eines durch Verletzung von Wettbewerbsrecht hinzugefügten Schadens in Polen bereits seit nahezu sechs Jahren in Kraft ist, kommen derartige Sachen erst jetzt in Schwung. Etwas unerwartet hat das polnische Amt für Wettbewerbsschutz neulich eine Erklärung abgegeben, welche die Betroffenen dazu ermutigen könnte, den Rechtsweg einzuschlagen.

Gemäß Art. 31d des polnischen Gesetzes über den Wettbewerb und Verbraucherschutz legt der Präsident des Amtes für Wettbewerb und Verbraucherschutz dem Gericht eine für die jeweilige Sache wesentliche Stellungnahme zu den Fragen des Wettbewerbs- und Verbraucherschutzes vor, wenn er der Auffassung ist, dass dies im öffentlichen Interesse begründet ist. Die Behörde ist daher befugt, sich im Rahmen eines anhängigen Rechtsstreits im Zuständigkeitsbereich der Behörde zu äußern. Diese Vorschrift wurde von der Behörde bisher nahezu ausschließlich bei Streitigkeiten über Finanzinstrumente, insbesondere Frankenkredite, angewandt. Auf der Website des Amtes für Wettbewerb und Verbraucherschutz sind mehrere hundert solcher Stellungnahmen zu finden – alle im Bereich betreffend den Verbraucherschutz.

Es stellt sich jedoch heraus, dass die Behörde auch die Möglichkeit zulässt, in einem Fall, in dem es um die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht geht, eine wesentliche Stellungnahme abzugeben. Die Bevollmächtigten der Parteien (theoretisch – beider Parteien) können bei der Behörde eine Stellungnahme beantragen und dabei darauf verweisen, was ihrer Meinung nach durch das Amt für Wettbewerb und Verbraucherschutz geklärt werden sollte. Eine solche Stellungnahme kann für das Gericht von entscheidender Bedeutung sein, insbesondere bei den sog. „stand-alone actions“, d. h. wenn noch keine Entscheidung ergangen ist, in der eine Verletzung festgestellt wurde.

Wird die Behörde jedoch geneigt sein, ausdrücklich zu entscheiden, ob eine bestimmte Praxis einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt, ohne vorher ein Verfahren einzuleiten? Wohl kaum. Es ist zu erwarten, dass die wesentliche Stellungnahme in einer solchen Sache eher Erläuterungen zu der Komplexität des Wettbewerbsrechts und seiner wirtschaftlichen Aspekte beinhalten wird. Außerdem wird erst die künftige Praxis zeigen, inwieweit die Behörde bereit sein wird, sich in das äußerst umfangreiche Material eines Gerichtsverfahrens zu vertiefen. Es ist eben bekannt, dass die personellen Ressourcen der Behörde begrenzt sind und dass es Zeit brauchen wird, um eine Stellungnahme vorzulegen, die tatsächlich einen Mehrwert für den jeweiligen Fall darstellt. Aus diesen Gründen sollte die Erklärung der Behörde nicht als eine Erfolgsgarantie in einem Private-Enforcement-Verfahren angesehen werden. Gleichzeitig ist jedoch nicht zu vergessen, dass eine solche Möglichkeit besteht.