Polen hat die Bestimmungen des EU-Gesetzes über digitale Dienste (DSA) noch immer nicht vollständig umgesetzt, obwohl die Frist im Februar 2024 abgelaufen ist. Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren gegen Polen eröffnet, weil es seinen Verpflichtungen aus dem DSA nicht nachgekommen ist. Polen ist nach wie vor einer der letzten Mitgliedstaaten, der keine nationalen Vorschriften zur Durchsetzung der neuen Regelungen erlassen hat.

Am 15. Mai dieses Jahres trat ein Beschluss des Ministerrats in Kraft, wonach der Präsident des Amtes für Elektronische Kommunikation (UKE) vorübergehend mit der Funktion des Koordinators für digitale Dienste auf der Grundlage des DSA betraut wurde. Die neue Rolle des UKE-Präsidenten ist vorerst befristet. Ziel des Beschlusses des Ministerrats ist die Umsetzung bestimmter Vorschriften des DSA, u. a. Art. 33 Abs. 6, Art. 35 Abs. 3 oder Art. 62 Abs. 1 DSA. Die Bestellung des UKE-Präsidenten zum Koordinator für digitale Dienste zielt darauf ab, die spezifischen technischen und organisatorischen Verpflichtungen Polens im Rahmen des DSA zu erfüllen, bevor das nationale Gesetz, das die Anwendung dieser Verordnung gewährleistet, in Kraft tritt.

Wichtig ist, dass der UKE-Präsident zu diesem Zeitpunkt nicht befugt ist, Entscheidungen gegenüber Vermittlungsdienstleistern und Nutzern zu treffen. Der vollständige Aufgabenbereich des Koordinators für digitale Dienste wird in einem separaten Gesetz festgelegt werden, das derzeit ausgearbeitet wird.

Der UKE-Präsident wird sich als Koordinator für digitale Dienste an den Arbeiten des Europäischen Rates für digitale Dienste beteiligen, in dem Koordinatoren aus anderen EU-Ländern zusammenkommen.

Polen hat immer noch kein Gesetz verabschiedet, das u.a. darauf abzielt:

  1. einen Aufsichtsmechanismus für Anbieter von Vermittlungsdiensten, einschließlich Online-Plattformen, einzurichten,
  2. Regeln zur Verhängung von Sanktionen bei Verstößen gegen EU-Vorschriften seitens der Unternehmen festzulegen,
  3. Verfahren für den Erlass von Verwaltungsentscheidungen und der Rechtsbehelfsverfahren zu definieren.

Ohne solche Lösungen können die Bestimmungen des DSA nicht wirksam durchgesetzt und Internetnutzer nicht wirklich vor schädlichen Praktiken digitaler Plattformen geschützt werden.

Einer der am meisten diskutierten Punkte des Gesetzentwurfs sind die Bestimmungen zur Einführung eines nationalen Mechanismus für die Anordnung der Sperrung illegaler Inhalte. Das Ministerium für Digitalisierung prüft derzeit den Umfang möglicher Sperranordnungen, ihre Rechtsgrundlagen und die Rechtsbehelfsmechanismen, um die Gefahr des Missbrauchs zu vermeiden und die Vereinbarkeit mit den verfassungsmäßigen Garantien der Meinungsfreiheit zu gewährleisten.